In diesem Sommer ist es gestartet: Ein besonderes Bildungsprojekt, das zum Ziel hat, Lehrkräfte in der Mongolei im MINT-Bereich fitzumachen. Die Lehrerinnen und Lehrer sollen ihre Schützlinge so frühzeitig für naturwissenschaftliche Fächer begeistern. Das Projekt hat dabei Nomadenkinder im Blick, die ihre Schulbildung in Internatsschulen erhalten, den so genannten Kreis- und Aimag-Schulen, benannt nach den Verwaltungseinheiten des Landes. Das Erasmus+ Projekt ist nicht die erste Zusammenarbeit der TUBAF mit der Mongolei. Es reiht sich ein in eine Tradition wechselseitiger Unterstützung, eines langjährigen Wissenstransfers sowie der Fachkräfteanwerbung.
Die rund zwanzig Kinder im Klassenzimmer der Schule in Bayanchandman (Provinz Tuv Aimag) blicken konzentriert auf die Münzen, die sie vor sich auf den Tischen liegen haben. In den Fingern halten sie Pipetten, mit denen sie vorsichtig Wasser auf die Geldstücke tropfen. Das Thema dieser Schulstunde ist die Oberflächenspannung. Wie viel Tropfen passen auf die kleine Fläche, bis die Spannung zu groß wird und das Wasser verläuft? „Es sind einfache und gleichzeitig grundlegende Experimente, mit denen wir die Kinder für Naturwissenschaften begeistern wollen“, erzählt Kathrin Häußler, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Koordinatorin des Netzwerkes „Junior Forscher an der TU Bergakademie Freiberg“. Die Idee, junge Menschen schon frühzeitig für MINT- und Ingenieurfächer zu interessieren, ist an der Uni nicht neu. Regelmäßig kommen pädagogische Fachkräfte aus 90 Kitas aus dem Landkreis Mittelsachsen nach Freiberg, um am Programm der „Junior Forscher“ teilzunehmen. Und die Idee hat Schule gemacht.
Mongolische TUBAF-Alumni regen Erfahrungsexport an
Kathrin Häußler bekam 2023 eine Anfrage des mongolischen Alumni-Vereins an der TUBAF: Ob das Projekt „Junior Forscher“ nicht auch etwas für mongolische Kinder wäre? „Der Alumni-Verein „Freiberg“ besteht seit 2008“, berichtet Bolormaa Dendev, Gründungsmitglied und seit Juli 2024 Leiterin des wissenschaftlichen Verbindungsbüros des Freistaats Sachsen in der mongolischen Hauptstadt Ulaanbaatar. {Link zu Meldung} Sie engagiert sich gemeinsam mit Professorin Saran Galdansambuu und Kathrin Häußler im Nomadenkinder-Projekt. „Der Grundgedanke unseres Nomadenkinder-Projektes war, den Kindern auf dem Land, besonders den Nomadenkindern, gleiche Chancen an Bildung anzubieten wie für die Stadtkinder.“ Die Stadtkinder bekämen viele Möglichkeiten für ihre Fort- und Weiterbildung gleich vor der Tür gesetzt. Dagegen herrsche ländlichen Schulen Lehrkräftemangel. Bei ersten Besuchen an mongolischen Schulen merkten die drei, dass die Lehrkräfte genauso interessiert wie die Kinder sind. Warum also nicht besser gleich diese Wissensmultiplikatoren schulen? „Wenn die Lehrerinnen und Lehrer dann in ihre Schulen zurückkehren, geben sie mehr als Hunderten Kindern das Wissen weiter.“
Deutsch-mongolischer Austausch mit langer Tradition
Das Teilprojekt „Nomadenkinder“ im vom DAAD geförderte ERAMSUS+ Programm Mongolei reiht sich in eine lange Tradition deutsch-mongolischer Kooperationen ein. „Erste mongolische Studierende kamen bereits vor ca. 100 Jahren zum Studium nach Deutschland, an die TU Bergakademie Freiberg erstmals vor fast 50 Jahren“, erzählt Professor Carsten Drebenstedt, der sich seit vielen Jahren für die deutsch-mongolische Zusammenarbeit einsetzt. „Mit der heutigen MUST (Mongolian University of Science and Technology) wurde 1986 ein erster Freundschaftsvertrag, wie Hochschulkooperationsverträge damals genannt wurden, geschlossen. Seit 1999 sind die Kooperationsbeziehungen wieder stabil“, so Drebenstedt. Hier kommt das Profil der TUBAF als Ressourcenuniversität ins Spiel. „Von den 1960er bis in die 1980er Jahre hinein erkundeten deutsch-mongolische Teams systematisch das Land“, berichtet Carsten Drebenstedt. Das habe den guten Ruf Freibergs, wo der zuständige geologische Dienst beheimatet war, in der Mongolei gefestigt. Entscheidend für die gute Zusammenarbeit der letzten 25 Jahre seien aber konkrete Projekte und persönliche Kontakte zwischen beiden Seiten.
Film begleitet das Nomadenkinder-Projekt
Wie diese persönlichen Kontakte aussehen, zeigt jetzt auch ein Film, den der Fotograf und Videojournalist Andreas Hiekel vom Medienzentrum der Universität erstellt hat. „Das ist work in progress“, sagt Hiekel. Im Sommer 2024 hat er seine Kollegin Kathrin Häußler auf deren Reise in die Mongolei mit der Kamera begleitet. Entstanden sind faszinierende Fotos und Filmaufnahmen aus einem Land im Wandel. Hier die Millionenstadt Ulaanbaatar, auf anderen Bildern fliegt die Kamera über grüne Grasmeere der mongolischen Steppe und bewaldete Hügel. Dann ein Mädchen, das Yaks zusammentreibt, dabei hält sie in der einen Hand ihr Mobiltelefon. Andreas Hiekel hat auch in den mongolischen Internatsschulen gedreht, dort, wo die Kinder und Jugendlichen gemeinsam mit ihren Lehrkräften experimentieren. Die vielfältigen Erlebnisse sind in einem ersten Film erlebbar, ein Trailer für eine Dokumentation, die am Projektende vorgestellt wird. Das Team „Nomadenkinder“ plant weitere wechselseitige Reisen zwischen Freiberg und der Mongolei. Bis August 2026 wird das Nomadenkinder-Projekt noch gehen. Ein weiterer Meilenstein der Zusammenarbeit zwischen Freiberg und der Mongolei.